Süß mit Beigeschmack: Wie gesund sind Zuckerersatzstoffe? | Apotheken Umschau

2022-09-23 08:08:56 By : Ms. Summer Xia

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Viele Menschen nutzen Süßstoffe, um Kalorien zu sparen. Warum die weißen Pillen wohl trotzdem keine gesunden Schlankmacher sind.

Bittere Bohne: Kaffee ist am gesündesten, wenn man ihn ungesüßt trinkt.

Betrogen zu werden, kann auch Vorteile haben. Zum Beispiel bei süßen Genüssen. Stoffe wie Aspartam und Sucralose überlisten unseren Geschmackssinn fast perfekt. Sie binden an Rezeptoren – winzige Empfangsantennen auf unserer Zunge – und schicken über Nerven die Botschaft „süß“ direkt an unser Gehirn. Ohne sich danach in Hüftspeck zu verwandeln.

Aber sind Süßstoffe deshalb wirklich Schlankmacher? Oder im Gegenteil: eine Gefahr für die Gesundheit? Von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit wurden sie unterhalb bestimmter täglicher Maximalmengen als unbedenklich bewertet. Neue Studien weisen aber wieder einmal darauf hin: Selbst kalorienlose Süße könnte einen bitteren Beigeschmack haben.

Wenn man über Zuckeralternativen spricht, muss man zunächst eine Unterscheidung treffen: Wird der Zucker ersetzt oder ausgetauscht? Das mag spitzfindig klingen, ist aber ein wichtiger Hinweis, ob die alternative Süße Kalorien hat oder nicht. Als Zuckerersatzstoffe oder auch Süßstoffe bezeichnet man künstlich hergestellte Süßungsmittel wie Aspartam, aber auch Stevia, das in ­einem chemischen Prozess aus den Blättern einer Pflanze gewonnen wird. Sie schmecken teils mehrere Tausend Mal süßer als Zucker, haben aber so gut wie keine Kalorien.

Die süßen Alternativen

Zucker ist für Diabetiker zwar nicht tabu, aber sie sollten ihn nur maßvoll konsumieren. Mit Süßstoffen, Zuckeraustauschstoffen und weiteren Süßungsmitteln stehen unterschiedliche Alternativen zur

Anders Zuckeraustauschstoffe: Diese liefern meist durchaus Energie. Hierbei handelt es sich um sogenannte Zuckeralkohole, was nicht heißt, dass man durch den Verzehr einen Schwips bekommt. Stoffe wie Sorbit, Isomalt, Mannit und Xylit liefern im Schnitt etwas mehr als halb so viel Kalorien wie dieselbe Menge Zucker, sind aber teils auch nur halb so süß. Ein Vorteil: Sie treiben den Blutzuckerspiegel – und damit den Spiegel des zuckersenkenden Hormons Insulin – kaum in die Höhe, was vor allem bei Diabetes günstig ist. Doch auch Gesunde profitieren. Denn ein häufig erhöhter Insulinspiegel fördert Übergewicht.

Wer mehr als 20 bis 30 Gramm von der ­alternativen Süße isst, muss aber mit Folgen rechnen. Enthält ein Produkt mehr als zehn Prozent Zuckeraustauschstoff, muss es einen Warnhinweis tragen: „Kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken.“

Süßstoffe verursachen dagegen in der Regel keinen Durchfall und sind zudem fast kalorienfrei. Doch helfen sie deswegen, Übergewicht zu vermeiden? Man möchte es meinen. Schließlich spart man eine Menge Kalorien, wenn man etwa Diät-Limo statt zuckerhaltiger Softdrinks zu sich nimmt. Im Realitätscheck bleibt der erwartete ­Effekt allerdings meist aus.

„Wer viel Süßstoff konsumiert, neigt Untersuchungen zufolge sogar stärker zu Übergewicht als Menschen, die Zucker essen“, sagt Professor Stephan Martin, Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums in Düsseldorf. Wie kann das sein? Eine Erklärung: Wer sich bei der Süße betrügt, betrügt sich offenbar auch sonst gerne selbst. Man hat ja an Zucker gespart – und daher ein gutes Gewissen, wenn man sonst beim Essen kräftig zuschlägt.

Doch auch wer nicht zum Selbstbetrug neigt, muss sich zügeln. „Süßstoffe können den Appetit steigern“, sagt Martin. So hat ein internationales Team von Forschenden unter anderem an der Yale University (USA) die Wirkung von Getränken, die mit dem beliebten Süßstoff Sucralose gesüßt waren, untersucht. Effekte fanden sich vor allem bei Frauen und Übergewichtigen. Nach einem süßstoffhaltigen Getränk bedienten sie sich nicht nur üppiger an einem Büfett, als wenn sie zuvor Wasser oder auch ein zuckerhaltiges Getränk zu sich genommen hatten.

(E 954) wurde 1879 erstmals hergestellt und ist der älteste künstliche Süßstoff. Es ist bis zu 550-mal so süß wie Haushaltszucker. Wegen seines bitter-metallischen Beigeschmacks wird es oft mit anderen Süßstoffen kombiniert. Einige Studien weisen auf Zusammenhänge mit Krebs, Übergewicht und Alzeimer hin. Gesichert sind diese Ergebnisse nicht.

(E 967) Der Zucker­austauschstoff wurde ­ursprünglich aus der Rinde von Birken gewonnen. Heute wird er auch aus anderen Rohstoffen wie Stroh hergestellt. Xylit ähnelt in der Konsistenz Haushaltszucker, ist genauso süß, hat aber nur die Hälfte der Kalorien. Es beeinflusst den Blutzuckerspiegel kaum. Da es Karies entgegenwirkt, steckt es in vielen zuckerfreien Kaugummis.

(E 968) wird aus Stärke mithilfe von Hefepilzen hergestellt. Es ist etwas weniger süß als Zucker, enthält aber als einziger Zuckeraustauschstoff nahezu keine Kalorien. Auf der Zunge wirkt es kühlend. Erythrit ist zum Backen geeignet und gut verträglich. Allerdings ist es deutlich teurer als Haushaltszucker.

(E 951) Seit Jahren gibt es Diskussionen über mögliche krebserregende sowie depressionsfördernde Wirkungen des Süßstoffes. Zweifelsfrei nachgewiesen wurde dies bislang nicht. Aspartam hat fast so viele Kalorien wie Zucker, ist aber 200-mal so süß. Man braucht also nur wenig davon.

(E 955) ist der derzeit beliebteste Süßstoff, schmeckt bis zu 600-mal so süß wie Zucker und hat keine Kalorien. Sucralose wird in einem chemischen Prozess aus Haushaltszucker hergestellt. Studien deuten darauf hin, dass es den Insulinspiegel stark erhöht, wenn es mit anderen Kohlenhydraten verzehrt wird.

(E 960) sind etwa 300-mal so süß wie Zucker und werden in einem chemischen Verfahren aus den Blättern der ­Steviapflanze gewonnen. Die empfohlene tägliche Maximaldosis liegt bei vier Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Bei 60 Kilogramm ist das etwa ein viertel Gramm – was schnell erreicht ist.

Bilder von leckerem Essen akti­vierten einen Bereich in ihrem Gehirn stärker, der mit Appetit in Zusammenhang steht. Zudem gibt es Hinweise, dass Süßstoffe den Insulinspiegel indirekt doch in die Höhe treiben können – nämlich wenn man sie zusammen mit Kohlenhydraten verzehrt. Sie werden dann sozusagen zum Insulin-Booster. „Insulin reguliert nicht nur den Blutzucker. Es ist auch ein Mast­hormon“, erklärt Stephan Martin. Ist sein Spiegel erhöht, fördert das den Aufbau von Fettgewebe und verhindert, dass wir abnehmen.

Süßstoffe beeinflussen unseren Stoffwechsel noch auf ganz anderem Weg: Sie wirken auf unsere Mitbewohner im Darm. So durchdrangen in einer israelischen Studie an sich günstige Bakterien die Darmwand, was gefährlich sein kann. Andere Untersuchungen weisen darauf hin, dass Süßstoffe den Bakterienmix in unserem Darm, das sogenannte Mikrobiom, verändern – und damit auch an manchen Stellen in den Stoffwechsel eingreifen.

Im menschlichen Darm leben Billionen Bakterien – das Mikrobiom. Es soll Krankheiten vorbeugen, Übergewicht verhindern, das Gemüt bestimmen. Kann das wirklich sein?

„Wie man heute weiß, hat das Mikrobiom hier großen Einfluss“, sagt Peter Schwarz, Professor für Prävention und Versorgung des Diabetes am Universitätsklinikum Dresden. Dies könnte ein Paradox erklären: Obwohl Süßstoffe den Blut­zuckerspiegel nicht direkt beeinflussen, stören sie in Laborversuchen die Glukosetoleranz. Das heißt: Der Körper kann den Zucker schlechter aus dem Blut in Zellen einschleusen, das Risiko für Typ-2-Diabetes steigt. Neue Studien geben Hinweise, warum das so sein könnte. „Die meisten Süßstoffe fördern offenbar über das veränderte Darmmikrobiom die Entstehung einer Fettleber“, erklärt Schwarz. Und diese begünstigt Diabetes.

Heißt das, dass Süßstoffe für Menschen mit Diabetes schlecht sind? Diabetologe Schwarz ist davon überzeugt. So zeigen Personen, die regelmäßig künstlich gesüßte Getränke konsumieren, oft ein erhöhtes Diabetes-Risiko. Zwar beeinflussten in Studien von hoher wissenschaftlicher Aussagekraft zuckerfreie Getränke den Insulinspiegel nicht. Doch nur dann, wenn man nicht andere Kohlenhydrate zusätzlich isst. „Und das macht ja eigentlich jeder. Und zwar ständig“, sagt Martin.

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Seit Jahrzehnten in der Diskussion ist zudem eine weitere Frage: Haben Süßstoffe Einfluss auf das Krebsrisiko? Die Ergebnisse, unter anderem aus Laboruntersuchungen, sind teils widersprüchlich. Eine neue Untersuchung weist jetzt auf ein erhöhtes Risiko hin: Das Team rund um die französische Ernährungswissenschaftlerin Dr. Mathilde Touvier nützte dazu Daten aus der NutriNet-Santé-­Studie, die seit dem Jahr 2009 die Ernährung von mehr als 100.000 Menschen aus Frankreich erfasst.

Wer überdurchschnittlich viel der Süßstoffe Aspartam und Acesulfam zu sich nahm (Frauen mehr als 19 Milligramm und Männer mehr als 17,44 Milligramm pro Tag), dessen Krebsrisiko war im Schnitt um 13 Prozent erhöht. Vor allem Brustkrebs sowie Krebsarten, die mit Übergewicht zusammenhängen, etwa in Magen und Darm, traten öfter auf. Ob die Süßstoffe wirklich die Ursache sind, ist damit allerdings nicht geklärt.

Fest steht allerdings: Zu viel Süße verwirrt unsere Sinne. „Man gewöhnt sich an den intensiven süßen Geschmack“, sagt Professorin Susan Jebb, Ernährungswissenschaftlerin an der University of Oxford. Ein Apfel oder ein Joghurt mit Blaubeeren – nichts schmeckt mehr süß genug. Vor allem bei Kindern könnte das dazu führen, dass sie gesundes Essen ablehnen, befürchtet Jebb. Die gute Nachricht: „Sie können Ihren Gaumen entsüßen.“ Ein paar Wochen Entzug – und man ist entwöhnt. Egal ob von Zucker oder künstlicher Süße.

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